Hier veröffentlichen wir Beiträge zu aktuellen Themen, in der Reihenfolge des Bekanntwerdens.
Um aber Themen, die über eine gewisse Zeit aktuell sind, nicht immer wieder neu aufgreifen zu müssen,
wenn es eine Veränderung gibt, ist der Aktualisierungsstand gekennzeichnet.
Neue Beiträge sind durch einen springenden Punkt gekennzeichnet.
Beiträge, die etwas älter sind, aber bei Veränderungen noch aktualisiert werden, haben einen ruhenden Punkt.
Beiträge ohne Punkt sind abgeschlossen und werden nicht mehr verändert (auch Links werden nicht mehr aktualisiert).
Beiträge aus vorangegangenen Jahren befinden sich im Archiv.
Das ist sicher noch nicht das endgültige Logo
25.03.2023
Am 24.03. hat das UNH eine Pressemitteilung verschickt und darin mitgeteilt, dass erstens der erste Teil der UFP-Studie am 01.April startet und zweitens die Webseite zum Projekt https://www.ultrafeinstaub-studie.de/ online ist. Unser Logo-Vorschlag wurde nicht berücksichtigt, aber ansonsten ist das eine gute Nachricht.
Die Pressemitteilung gibt einen kurzen Überblick über die Ziele der Studie, bisher geleistete Arbeiten und die geplanten weiteren Abläufe. Besonders interessant ist ein Zitat des stellvertretenden Studienleiters, Prof. Alexander Vogel von der Goethe-Universität Frankfurt:
"Ein besonderer Schwerpunkt unserer Arbeiten liegt auf der Klärung der Frage, wie groß der Einfluss von startenden und landenden Flugzeugen und Überflügen für die UFP-Belastung am Boden ist".
Sollte das so umgesetzt werden, könnte endlich das
lang gehegte Dogma,
wonach die UFP-Emissionen fast nur vom Flughafengelände ausgehen, zu den Akten gelegt werden.
Die Webseite wirkt auf den ersten Blick tatsächlich sehr aktuell und vollständig, selbst das
Transparenzpapier
ist brandneu (Stand 24.03.2023) und enthält den aktuellen "Stand der Studienerarbeitung". Etwas gewöhnungsbedürftig ist es, dass die neueste PDF-Version nur im Abschnitt "Transparenz", aber nicht im Download-Bereich verfügbar ist. Dort finden sich, wie zu allen anderen Themen offenbar auch, nur die veralteten Versionen (wäre da "Archiv" nicht ein besserer Titel für diesen Bereich?).
Zur
Belastungsstudie
gibt es eine Beschreibung der Ziele, die erreicht, sowie der Arbeitspakete, die dazu abgearbeitet werden sollen. Details dazu, was jeweils wo und wie gemessen oder modelliert wird, darf man hier natürlich (noch) nicht erwarten. Das Ganze ist hinterlegt mit einem
Zeitplan,
der einen Zeitraum von 36 bis maximal 42 Monaten abdeckt, also bis zum 31.03. bzw. 30.09.2026.
Entsprechend dem Bearbeitungsstand gibt es zur
Wirkungsstudie
natürlich wesentlich weniger Material. Neben einer kurzen Beschreibung der Ziele, die wohl als vorläufig zu verstehen ist, ist der Inhalt der
Designstudie dargestellt, also der Vorstudie, die ein Konzept für die Struktur der tatsächlichen Studie entwickeln soll. Der entsprechende
Zeitplan umfasst daher auch nur 10 Monate (01.-10.2023).
Die "häufig gestellten Fragen"
(FAQs)
sind gegenüber der Version, die im Februar an die BIs versandt wurde und für uns
Anlass zu Kritik
gab, deutlich überarbeitet worden und anscheinend ebenfalls auf dem aktuellen Stand. Das wäre sicher auch ohne unser Gemecker passiert, aber wir freuen uns, dass einiges davon offensichtlich nicht ganz falsch war.
In einem wichtigen Punkt gibt es allerdings eine Diskrepanz, die hoffentlich bald geklärt wird. Die Antwort auf die nun wirklich häufig gestellte Frage:
"Werden die UFP-Emissionen von Überflügen in der Belastungsstudie berücksichtigt und wenn ja, wie?"
verweist auf eine
"Anforderung an die Modellierung ..., „die Fahnenabsenkung durch Wirbelschleppen zu untersuchen, um zu klären, welchen Einfluss startende oder landende Flugzeuge auf die bodennahen UFP-Konzentrationen haben“."
Diese Anforderung ist im Arbeitspaket 3.3, auf das verwiesen wird, nicht zu finden, und auch in keinem anderen. Man kann nur hoffen, dass das daran liegt, dass die Inhalte der Arbeitspakete alle nur sehr knapp zusammengefasst dargestellt werden und dieser konkrete Modellierungsaspekt in den Modellierungsaufgaben trotzdem enthalten ist, z.B. im AP 2.7. Mit dem DLR-IPA sind zumindest die wichtigsten Wirbelschleppen-Modellierer hierzulande im Konsortium vertreten.
Zeitgleich mit der Pressemitteilung hat das UNH auch eine
"Dokumentation Gesprächsaustausch zu UFP 22. Februar 2023"
an die BI-Vertreter*innen verschickt, die zum letzten "Austauschgespräch" geladen waren. Die stellt uns wieder vor ein bekanntes Problem. In der Dokumentation ist die in
unserem letzten Beitrag
breit diskutierte Vorbemerkung des Moderators wie folgt wiedergegeben:
"Einleitend werden noch einmal die Voraussetzungen aus Sicht des FFR dargelegt, um für alle Teilnehmenden eine positive und respektvolle Umgebung zu schaffen:",
danach folgen fünf Spiegelstriche, darunter
"- Keine Veröffentlichung von Unterlagen vor deren inhaltlichen Diskussion"
(Grammatik-Fehler im Original).
Zweifelsohne ist die Dokumentation eine Unterlage, die bisher nicht von den Teilnehmenden diskutiert worden ist, und sollte daher "aus Sicht des FFR" nicht veröffentlicht werden. Auch wird es vor "Ende Sommer/Anfang Herbst", wenn das nächste Treffen stattfinden soll, keine Möglichkeit dazu geben. Andererseits sind ja die von BI-Seite Teilnehmenden nicht als Individuen eingeladen worden, sondern eben als Vertreter*innen ihrer BIs, und sollten diese daher über die Ergebnisse informieren. Wie verteilt man Unterlagen an Bürger*innen, ohne sie zu "veröffentlichen"?
Wir haben bereits im letzten Beitrag dargelegt, was wir von dieser "Sicht des FFR" halten, deswegen kann jede/r, die/der diesen Text liest, auch die Dokumentation
hier
nachlesen. Darin sind noch weitere Unterlagen verlinkt, die allerdings während des Treffens präsentiert wurden und damit vielleicht als diskutiert gelten können (Achtung: sie stehen nur bis zum 30.04. zur Verfügung).
Sollte dem FFR nach diesem erneuten Verstoss gegen ihre "Voraussetzungen" ein Treffen bei unserer Teilnahme nicht mehr kuschelig genug sein, wird sich dafür sicher eine Lösung finden.
Der Koordinierungseckwert gibt nur an, was potentiell machbar ist. Wieviel Flugbewegungen (Starts und Landungen) tatsächlich stattfinden, hängt noch von vielen anderen Faktoren ab.
17.03.2023
Fraport war in den letzten Wochen mit einigen Neuigkeiten in der Presse, und wie üblich darf man das meiste davon nicht allzu ernst nehmen, wie z.B. die Pöbeleien gegen ein echtes Nachtflugverbot und ein Verbot von Kurzstreckenflügen im
Frankfurter Oberbürgermeister-Wahlkampf
oder gegen Steuern, Gebühren und Abgaben anlässlich der
ADV-Frühjahrstagung.
Einen Punkt, der tatsächlich eine gewisse Bedeutung hat, wollen wir hier näher betrachten: die Aussagen über die Entwicklung der Flughafen-Kapazität in diesem Jahr und die dafür angeblich ausschlaggebenden Gründe.
Angaben zu den geplanten Kapazitäten findet man nicht im
Fraport-Newsroom,
der auf positive Berichterstattung fixiert ist. Selbst im 'Ausblick' der gerade erst veröffentlichten
Pressemitteilung
und in der
Präsentation
zum
Geschäftsbericht 2022
steht dazu nichts.
Laut Presseberichten hat Fraport-Chef Schulte in der zugehörigen Pressekonferenz die Kürzungen als
Qualitätsoffensive
verkauft und dabei auch versucht, die Personalsituation schönzureden, ohne allzu sehr ins Detail zu gehen.
Wer es genauer wissen will, muss sich die Zahlen auf den jeweiligen Fachseiten zusammensuchen, auch in der Fachpresse waren sie nur teilweise zu finden. Interessant ist das deshalb, weil Fraport noch mit den Nachwehen der Corona-Pandemie zu kämpfen hat (leicht ironisch auch als spezielle Form von Long Covid bezeichnet) und die Planung deshalb anders läuft als üblich.
Normalerweise werden auf nach EU-Regeln
koordinierten Flughäfen
(zu denen in Deutschland FRA und sechs weitere gehören) für jede Flugplanperiode eine maximale Anzahl sog. "Zeitnischen" (Slots) pro Stunde (ggf. unterschiedlich für verschiedene Tageszeiten) vom dafür national zuständigen "Flughafenkoordinator" (FluKo) festgesetzt und damit die maximal pro Stunde mögliche Anzahl von Flugbewegungen bestimmt. In Deutschland ist dafür die
Fluko Flughafenkoordination Deutschland GmbH
zuständig.
Deren Festsetzung für FRA ist
seit 2017
unverändert: pro Stunde sind maximal 104 geplante Flugbewegungen möglich, plus 2 "ad hoc" eingeschobene Flüge, wenn nötig. Diese Festlegung wurde zunächst auch für den
Sommer 2023
getroffen.
Sie kommt allerdings nicht zum Tragen, da Fraport wie schon für den
Sommer 2022
und den
Winter 2022/23
auch für den
Sommer 2023
eine "temporäre Reduzierung" der Eckwerte auf Basis einer anlässlich der Pandemie eingeführten Leitlinie beantragt hat.
Demnach bleibt der sog. Koordinierungseckwert, der 2022 von 88 auf 96 Flugbewegungen pro Stunde gesteigert wurde, noch bis einschliesslich Juni bestehen. Ende Mai, wenn die Nordwestbahn für Instandsetzungsarbeiten vom 16.-31.05. geschlossen wird, wird er sogar auf 84 abgesenkt. Von Juli bis Oktober soll er dann in 2er-Schritten wieder auf 104+2 gesteigert werden.
Grund dafür seien
"- ausgelöst v.a. durch wetterbedingte Einflüsse - erneut sehr herausfordernde operative Tage"
im Winterflugplan, deren Analyse zu dem Schluss geführt habe,
"dass die kurzfristige Rückkehr zu den Eckwerten 104+2 in der aktuellen Situation noch zu ambitioniert"
sei. Das soll wohl auf den 10tägigen Mini-Winter im letzten Dezember anspielen, in dem der Betrieb auf FRA
deutlich hörbar
aus dem Ruder gelaufen ist und zahlreiche unzulässige Nachtflüge durchgeführt wurden.
Auch im kommenden Sommer wäre
"noch mit erheblichen operativen Auswirkungen zu rechnen, insbesondere sobald zusätzliche Einflüsse auf das Gesamtsystem des Flughafen Frankfurt einwirken",
wie etwa Regen, Wind oder gar
Gewitter.
Da bremst man doch lieber etwas, bis
"das Gesamtsystem und die Ressourcen aller Prozess- und Systempartner diese Belastung wieder abbilden können".
Dieser letzte Satz ist in all dem Fraport-Geschreibsel der einzige schüchterne Hinweis darauf, dass die Probleme ganz überwiegend darauf zurückzuführen sind, dass die Hauptakteure am Frankfurter Flughafen, Fraport und Lufthansa, die Pandemie auf asozialste Weise
zur Profitmaximierung
genutzt haben. Der völlig überzogene Personalabbau, der insbesondere ältere, tariflich besser gestellte Arbeitsverhältnisse beseitigen und die Belegschaften insgesamt billiger, flexibler und unterwürfiger machen sollte, hat nun zu der allseits bejammerten Personalknappheit geführt, die beide daran hindert, die Möglichkeiten der aktuell vorhandenen Nachfrage auszuschöpfen.
Für Fraport stellt sich das so dar: gemäß
Geschäftsbericht 2019
beschäftigte der Fraport-Konzern in Deutschland 19.294 Personen. Im Bereich 'Aviation' waren 6.380 Personen tätig, im 'Ground Handling' 9.073. Im
Geschäftsbericht 2022
lauten die entsprechenden Zahlen 15.691, 5.569 und 7.035. Die Zunahmen gegenüber 2021 betrugen 92, 93 und 98 Personen. Grob zusammengefasst heisst das, dass Fraport in Deutschland 2022 rund 3.500 Personen weniger beschäftigt hat als 2019; in den betriebs-kritischen Bereichen 'Aviation' und 'Ground Handling' waren es konzernweit 800 bzw. fast 2.000 weniger. Trotz angeblich "intensiver Werbung" waren 2022 in den kritischen Bereichen jeweils weniger als 100 Personen mehr beschäftigt als 2021.
Fraport malt das Bild anders. In der Fachpresse wird Fraport-Finanzchef Zieschang
zitiert
mit den Angaben, dass 2022
"rund 4.000 Mitarbeiter weniger an Bord waren als 2019",
aber Fraport Ende 2023
"immer noch mit einer im Vergleich zu 2019 um mindestens 3.000 Leute verringerten Mannschaft zurechtkommen"
wolle. Gleichzeitig soll aber bei den Bodenverkehrsdiensten ('Ground Handling')
"im August ... wieder so viel Personal einsatzbereit sein ... wie vor der Krise",
also fast 2.000 Personen mehr.
Lokalzeitungen befassen sich mit solchen Details garnicht und erwähnen nur, dass Fraport
"rund 1500 Personen für die Bodenabfertigung ... in diesem Jahr neu einstellen"
will, im Vergleich zu
"rund 4000 Stellen, die während der Corona-Krise gestrichen wurden",
in
einem Fall
mit dem wohl auch in der Fraport-Pressekonferenz geäusserten Zusatz
"vor allem im administrativen Bereich".
Wie das mit den Zahlen aus den Geschäftsberichten zusammen passen soll, wird nicht erklärt, und wie aus den knapp 100 Personen mehr im letzten Jahr in einem
"leergefegten Arbeitsmarkt"
nun weit über 1.000 werden sollen, auch nicht.
Die Lufthansa tut in diesem Spiel nach aussen so, als würde sie ihrem Partner Fraport, mit dem sie gerade ein operatives Joint Venture gegründet hat, bei der Bewältigung der Schwierigkeiten großzügig entgegenkommen, hat aber selbst jede Menge Probleme sowohl mit ihren Piloten als auch im Technik-Bereich. Sie kann das aber relativ entspannt durchstehen, denn auch die personell besser aufgestellte Konkurrenz kann ihr wegen fehlender Flugzeuge kaum Marktanteile abnehmen. Und da die Zuwächse im Verkehr aktuell fast ausschließlich auf Privatreisen zurückzuführen sind, ist auch die auch jetzt wieder hervorgeholte Warnung vor "Abwanderung von Flügen ins europäische Ausland" völlig absurd.
Als Fazit bleibt: es gelingt Fraport mit freundlicher Medienunterstützung relativ gut, ihr eklatantes Management-Versagen während der Pandemie vergessen zu machen. Überzogener Personalabbau und daraus folgend miserabler Service und Leistungserbringung weit unter Nachfrageniveau wären normalerweise ein Grund, den gesamten Vorstand zu feuern. Dass das nicht passiert, hat vor allem zwei Gründe: der Hauptkunde Lufthansa hat genau die gleichen Probleme, und die Endkunden nehmen alles in Kauf, zahlen sogar noch höhere Preise und sorgen damit bei beiden für schnell steigende Gewinne.
Damit erfüllen die Vorstände von Fraport und Lufthansa ihre Hauptaufgabe: die Anteilseigner werden zufriedengestellt, alles andere ist zweitrangig. Dabei muss Fraport, überwiegend in öffentlicher Hand, nicht einmal
Dividende zahlen,
es genügt, dass die wirtschaftlichen Aussichten "positiv sind" und
"die eigene Prognose und die Schätzung vieler Analysten"
übertroffen wurden.
Perversion am Rande: einen wesentlichen Beitrag zum positiven Fraport-Ergebnis im letzten Jahr lieferten wieder die griechischen Flughäfen, die Fraport vor fünf Jahren einem
unter EU-Zwangsverwaltung
stehenden griechischen Staat
praktisch gestohlen
hat und für die sie während der Pandemie auch noch
griechische Subventionen
kassiert haben. Die
"stark touristisch geprägten Airports ... begrüßten 2022 rund vier Prozent mehr Fluggäste als 2019 – ein neues Allzeithoch".
Und in diesem Jahr soll es noch mehr Urlaubsreisen geben - in ein Land, dessen
Infrastruktur ruiniert
ist und dessen Tourismussektor derart prekäre Arbeitsverhältnisse anbietet, dass dort trotz hoher Arbeitslosigkeit im Land Arbeitskräfte aus
"Afghanistan, Pakistan, Syrien und Ägypten"
angeworben werden
müssen.
Und weil das alles so schön läuft, möchte Fraport auch bei den neuen Privatisierungsrunden in Griechenland dabei sein und bietet schon mal
für den Flughafen Kalamata
mit, und, wenn es soweit ist, wahrscheinlich auch
"für alle übrigen (22) Airports in einer Ausschreibung".
Die Anwohner des Flughafens dürfen im kommenden Sommer den Lärm erdulden in der Gewissheit, dass es in den nächsten Jahren nur schlimmer werden kann. Fraport und Lufthansa werden sich nicht auf Dauer selbst im Weg stehen, und von einer Politik, die den Klimaschutz insgesamt auf die lange Bank geschoben hat, ist keinerlei Intervention zu erwarten. Auch freiwillige Selbstbeschränkungen der Luftverkehrsindustrie oder der Reisewütigen wird es nicht geben. Und breiter Widerstand, der den Wahn bremsen könnte, ist nicht in Sicht.
Unser Vorschlag, ganz ohne böse Hintergedanken: Ausser der Partikelwolke stammen alle Grafik-Elemente und Texte, auch die grünfärbende Lupe, von den Webseiten des FFR bzw. des UNH. Nur die Anordnung ist etwas angepasst.
02.03.2023
Die wichtigste Botschaft des zwei Wochen vorher angekündigten Treffens im Umwelthaus am 22.02. war die Erklärung von seiten des UNH, dass der Zuschlag für den ersten Teil des UFP-Projekts, die Belastungsstudie, erteilt wurde und das Projekt formal zum 01.04. starten wird.
Einige Inhalte und Rahmenbedingungen wurden in einer Powerpoint-Präsentation vorgestellt, aber da die weder verteilt noch versandt wurde, können wir hier nur das wiedergeben, was wir (hoffentlich korrekt) speichern konnten.
Das Konsortium, das das Projekt durchführen wird, steht unter der Leitung von
TROPOS,
dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung, und ist sehr breit aufgestellt. Gefühlt gehört alles, was hierzulande in diesem Gebiet Rang und Namen hat, dem Konsortium an. Das bestärkt die Hoffnung, dass alle Themen, die in diesem Projekt behandelt werden können, tatsächlich auch kreativ und auf hohem Niveau abgearbeitet werden.
Was sich in den Projektinhalten an Konkretisierungen, Nuancierungen und vielleicht auch Verschiebungen im Vergleich zur
Leistungsbeschreibung
ergeben hat, wird sich erst genau beurteilen lassen, wenn das Arbeitsprogramm des Konsortiums schriftlich vorliegt.
Aktuell besteht durchaus die Hoffnung, dass es noch einige Verbesserungen gegeben hat.
Die Vorstellung der Arbeiten zur Wirkungsstudie hinterliess den Eindruck, dass hier noch wesentlich mehr offen ist, als es aufgrund der
Leistungsbeschreibung
für das Design der Wirkungsstudie zunächst schien. Es wird noch Workshops geben, in denen offene Fragen zur Konzeption der Studie diskutiert werden können.
Hier ist als Kuriosum zu erwähnen, dass das UNH sich zwei Personen ausgesucht hat, die als Vertreter*innen der BIs zu einem dieser Workshops eingeladen werden sollen. Dazu gab es in dem Treffen keinen Widerspruch.
Kurios daran ist einerseits, dass das UNH darüber entscheidet, wer die Bürgerinitiativen in solchen Workshops vertreten soll. Andererseits ist es aber auch so, dass es nur eine kleine Zahl von Personen gibt, die die BIs in solchen Workshops inhaltlich vertreten können, und zumindest eine der beiden Personen sich durch inhaltliche Vorarbeiten zu diesem Thema in einer Weise qualifiziert hat, dass diese Wahl ohne jeden Zweifel gerechtfertigt ist.
Man kann dieses Vorgehen natürlich auch akzeptieren, wenn man die Position vertritt, dass es völlig egal ist, wer an diesen Workshops teilnimmt, weil es am Ergebnis ohnehin nichts ändern wird.
Ein weiteres Kuriosum betrifft eine Diskussion mit scheinbar verkehrten Fronten. In den UNH-Präsentationen wurde betont, dass die Ergebnisse, die in dem Projekt erarbeitet werden, so schnell wie möglich auch veröffentlicht werden sollen, und bevorzugt auch in frei zugänglichen
Open Access-Medien.
Einige BI-Vertreter waren dem gegenüber der Meinung, dass höchste Qualität und Wirksamkeit der Ergebnisse nur erzielt werden kann, wenn sie im Elfenbeinturm der Wissenschaft verbleiben und nur nach einem
Peer Review-Prozess hinter einer Bezahlschranke verfügbar sind.
Angesichts der Tatsache, dass einerseits 'Open Access' 'Peer Review' keinesfalls ausschliesst, von allen grossen deutschen Wissenschaftsorganisationen
unterstützt und weiterentwickelt
wird und in der Schweiz inzwischen sogar
Vorschrift ist,
andererseits Preise für wissenschaftliche Artikel exorbitant hoch sind und Zitierrechte für gekaufte Artikel trotzdem erheblichen Einschränkungen unterliegen, sind wir der Auffassung, dass eine solche Position dem Interesse der Bevölkerung an einer schnellen und umfassenden Information über vorhandene Belastungen und mögliche Risiken diametral widerspricht.
Das Nervigste zum Schluss: Der Moderator des Treffens begann mit einer Vorbemerkung, von der wir uns angesprochen fühlen, die wir aber wegen mangelnder Aufzeichnungsmöglichkeiten, Gedächtnis und Verständnis nur grob wiedergeben können. Demnach gehe es nicht an, dass Personen namentlich mit Beiträgen aus Sitzungen in diesem Format zitiert werden, explizit wurde die
Chatham House Regel
erwähnt. Ausserdem gehe es auch nicht an, Papiere zu veröffentlichen, die noch nicht diskutiert worden seien. Darüber hinaus wurde ein "respektvoller Umgang" zwischen den Teilnehmer*innen angemahnt.
Wir fühlen uns angesprochen, weil wir im
Bericht
vom letzten Treffen drei agierende Personen namentlich genannt haben und in der
Vorbereitung
des jetzigen Treffens die vom UNH verschickte Diskussionsgrundlage veröffentlicht und kritisch gewürdigt haben. Es ist uns nicht bekannt, dass andere ähnliche Vergehen begangen hätten, daher beziehen wir die Vorwürfe auf uns.
Wir haben dazu folgendes zu sagen:
"Respektvoller Umgang" gehört zu den Dingen, die im Allgemeinen selbstverständlich sein sollten, aber im Detail doch schwierig zu bestimmen und zu erkennen sind. Natürlich gehört dazu, Personen nicht zu beschimpfen und nicht blosszustellen, aber wie scharf darf Kritik sein, ohne ungehörig zu werden? Das hängt sicher auch davon ab, wen die Kritik trifft. Wer immer wieder gerne und kräftig austeilt, muss sich nicht wundern, wenn das Echo auch mal etwas lauter ausfällt.
Im konkreten Fall haben wir unsere Texte nochmal kritisch durchgesehen und finden nichts zurückzunehmen. Wer das anders sieht, sollte konkrete Punkte benennen. Sollte es sich hier allerdings nur um eine Breitseite handeln, die generell Kritik diffamieren und einschüchtern möchte, können wir nur sagen: tut uns leid, funktioniert nicht.
Auf der anderen Seite gehört zu respektvollem Umgang auch, Beiträge von eingeladenen Diskussionspartnern auch tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen und darauf einzugehen. Ebenso gehört dazu, bei einer Einladung zur Diskussion auch Materialien vorzulegen, die halbwegs aktuell und diskutierbar sind. Hier kann man durchaus gewisse Mängel erkennen.
Was den Charakter der Treffen angeht, sollte das UNH zunächst einmal erklären, was es eigentlich will. Bürgerinitiativen haben unterschiedlich Strukturen, sind aber in aller Regel keine geschlossenen Gesellschaften. Die BIFR z.B. hat keinerlei formale Struktur, Mitglied ist, wer sich selbst als solches erklärt. Wer derartige BIs über einen offenen Verteiler zum Gespräch einlädt, mit der Aussage, sie gelte
"aber ausdrücklich auch für alle weiteren Interessierten aus Bürgerinitiativen und kann gerne weitergeleitet werden",
der kündigt damit eine öffentliche Veranstaltung an. Und wer dazu ein Papier als Diskussionsgrundlage verschickt, das nach eigener Aussage für
"eine eigene Webseite für die UFP-Studie"
erstellt wurde, die demnächst veröffentlicht wird, aber
"bis zu unserer Veranstaltung noch nicht fertiggestellt ist",
kann nicht davon ausgehen, dass dieses Papier vertraulich behandelt wird.
Um was geht es also? Sollen diese Treffen die
Aufgabe
erfüllen,
"Bürgerinnen und Bürger ... über die Entwicklung des Frankfurter Flughafens und der Region zu informieren"
und
"die Kommunikation und Kooperation ... kontinuierlich und nachhaltig zu verbessern",
oder sollen sie nur der
Strategischen Einbindung
der BIs in ein Projekt dienen, das die Gefährdung der Akzeptanz des Flughafens in der Region minimieren soll (oder ist das etwa dasselbe)? Wenn Letzteres der Fall ist und diese Treffen unter Regeln stattfinden sollen, die von elitären Zirkeln für politische Hinterzimmergespäche erfunden wurden, müssten wir unsere Teilnahme daran noch einmal überdenken.
Sollte das aber alles nicht so gemeint und diese Einleitung nur ein kurzes Aufjaulen gewesen sein, weil die Kritik einen Nerv getroffen hat, aber eine inhaltliche Erwiderung nicht parat war, können wir uns zufrieden zurücklehnen und weitermachen wie bisher.
Für das Bündnis der Bürgerinitiativen könnte diese Diskussion gerade anlässlich seines 25. Geburtstags ein Grund sein, nochmal darüber nachzudenken, was aus seiner Geschichte zu lernen wäre. Man kann unterschiedlicher Auffassung darüber sein, was von den früheren Positionen heute noch Gültigkeit haben sollte, aber eines ist sicher: blindes Vertrauen in die guten Absichten der Landesregierung und ihrer Institutionen hilft bestimmt nicht dabei, die Bündnis-Ziele durchzusetzen.
18.02.2023
Am 14. Februar gab es einen weiteren
weltweiten Aktionstag
zum Verbot von Privatjets. Wie schon bei den Aktionen
Ende letzten Jahres
und
anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels
reichten die Aktionsformen von demonstrativen Protesten bis zu
echten Blockaden.
Deutsche Flughäfen waren diesmal leider nicht dabei, obwohl Deutschland nach der Menge an Emissionen von Privatjets an
Platz 4
in Europa liegt (und die Münchner Unsicherheitskonferenz einen guten
weiteren Anlass
geboten hätte).
Auch waren die Auswirkungen bei weitem nicht so gross wie die der Aktionen
subversiver Baggerfahrer
oder
der Gewerkschaften,
aber sie rückten einmal mehr das Hauptproblem des Luftverkehrs in den Mittelpunkt: die immensen Klimaschäden, die der
Luxuskonsum Flugreisen
anrichtet.
Wie dringend dieses Problem ist, haben eine Reihe von Veröffentlichungen der letzten Wochen wieder einmal überdeutlich gemacht. Wir steuern auf ein
neues Rekordjahr
zu, in dem vermutlich die 1,5°C-Grenze des Pariser Klimaabkommens bereits temporär überschritten wird. Eine neuartige
Studie
sagt voraus, dass sowohl diese als auch die 2°C-Schwelle
sehr viel früher
als bisher angenommen auch dauerhaft überschritten werden wird, auch weil einige
Feedback Loops
bisher in ihrer Wirkung unterschätzt wurden. Aktuelle Forschungen in der Antarktis stellen fest, dass nun auch dort, wie schon seit Jahren in der Arktis,
das Meereis zurückgeht,
und neuere Daten zum Meeresspiegel-Anstieg sind
derart dramatisch,
dass sich sogar der
UN-Sicherheitsrat
damit befassen muss.
Studien, die die für den Kampf gegen die Klimakatastrophe relevanten
gesellschaftlichen Dynamiken untersuchen, kommen zu dem
Ergebnis,
dass
"eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius ... derzeit nicht plausibel"
ist, selbst wenn sie technisch noch möglich sein sollte. Hauptursache dafür ist, dass die großen Unternehmen ihrer
gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht werden
und keine angemessenen Klimastrategien entwickeln. Andere Studien warnen vor einem
Doom Loop,
in dem die Staaten und Gesellschaften so damit beschäftigt sind, auftretende Klimaschäden zu bewältigen, dass sie keine Ressourcen mehr dafür aufbringen können, ihre Ursachen zu bekämpfen.
"Mangelnde gesellschaftliche Verantwortung" gilt insbesondere für die Luftverkehrswirtschaft, deren globale Dachorganisation ICAO es tatsächlich fertig bringt, ihr
längst gescheitertes
"Kompensationssystem" CORSIA
als Erfolg zu feiern,
weil es organisatorisch halbwegs funktioniert. Sein aktueller Beitrag zum Klimaschutz wird in folgendem Satz zusammengefasst:
"Der Sektor-Wachstumsfaktor 2021 wurde von ICAO als Null berechnet, so dass sich für die Akteure für 2021 keine Kompensationspflichten ergeben." (eigene Übersetzung)
Und es wird nicht besser: nach
unabhängigen Berechnungen
werden auch 2030 nur rund 22% der Emissionen des internationalen Flugverkehrs 'kompensiert' (mit
äusserst fragwürdigen
Ergebnissen).
Die Diskrepanz zwischen dem, was die Luftverkehrswirtschaft tatsächlich tut, was sie sich als Ziel gesetzt hat und
was zum Schutz des Klimas notwendig
wäre, ist inzwischen dermaßen gross, dass selbst in einem Kommentar in einem Luftfahrt-Fachblatt schon gefragt wird, ob die Fliegerei nicht Gefahr läuft, ihre
Soziale Lizenz
zu verlieren.
Das Verbot der Privatfliegerei könnte ein erster Schritt sein, die oben erwähnten 'gesellschaftlichen Dynamiken' in die richtige Richtung zu lenken. Wer genauer wissen möchte, was da verboten werden soll, kann sich auf YouTube eine Vielzahl von Berichten dazu ansehen. Wir haben wegen des Lokalbezugs mal zwei herausgesucht: einen
HR-Beitrag
über das
General Aviation Terminal
am Flughafen Frankfurt (bis etwa Minute 7:30) und einen längeren
ProSieben-Beitrag
über den
Flughafen Egelsbach,
der insgesamt für diese Art von Flugbetrieb ausgebaut wurde.
Es gibt sicher andere Beiträge, in denen die Dekadenz und/oder Ignoranz der Beteiligten noch drastischer dargestellt werden, aber wir finden es schon schlimm genug. Es wird jedenfalls deutlich, dass die Welt keinen Verlust erleidet, wenn es das nicht mehr gibt. Und auch die
Rechtfertigungen der intelligenteren unter den Privatfliegern (die offenbar
nicht besonders zahlreich
sind) klingen bei näherer Betrachtung ziemlich hohl.
Dass ein Verbot von Privatjets zu spürbaren Emissions-Senkungen führen würde, haben
Studien
schon vor Jahren gezeigt, und der Trend, sie zu nutzen, ist durch die Corona-Pandemie
noch verstärkt
worden. Die Hauptwirkung würde aber wohl von dem politischen Signal ausgehen, das u.a. auch darin bestünde, dass damit diejenigen zu Emissionsminderungen gezwungen werden, die das Klima
am stärksten schädigen.
Bislang ist die Klimapolitik auf allen Ebenen von sozialer Schieflage geprägt. Die reichen Industriestaaten verteilen nicht nur intern die Lasten der Krisen
extrem ungleich,
sie fordern auch von den Schwellen- und Entwicklungsländern Transformationsleistungen im Energiebereich, die sie selber
nie erbringen konnten
und auch heute nicht erbringen wollen. Krassestes Beispiel dafür ist die Weigerung der Bundesregierung, ein Tempolimit auf Autobahnen einzuführen, weil dadurch die
Freiheit gefährdet
sei. Was sie damit wirklich verteidigt, ist die Freiheit der Autokonzerne, mit
Luxuskarossen Extraprofite
zu scheffeln.
Es ist aber höchste Zeit, nachhaltig deutlich zu machen, dass auch noch so viel Geld nicht das Recht kaufen kann, die Lebensgrundlagen der Menschheit zu zerstören. Es ist dringend nötig, endlich das, was Menschen schaffen, dafür einzusetzen, dass sie
sicher und zunehmend besser
leben können. Alles, was dem im Weg steht, muss beseitigt werden. Privatjets und die
perversen Versuche,
deren Geschäftsmodell noch weiter auszudehnen, wären ein guter Anfang.
Ob sowas auch in Frankfurt kommen wird? Die Grenzen dieser Technik werden hier schon deutlich: Der seitliche Abstand zur aktiven Anfluglinie beträgt (aus Sicherheitsgründen) rund 2 km. Damit lässt sich die Ausbreitung der UFP unter den Anfluglinien nur sehr begrenzt erfassen.
13.02.2023
"Am Mittwoch, den 22. Februar 2023 hat das Umwelt- und Nachbarschaftshaus (UNH) zu einem zweiten gemeinsamen Austausch zum Thema UFP in das UNH nach Kelsterbach eingeladen."
So beginnt die UNH-Mail, mit der einem ausgewählten Kreis von BI-Mitgliedern und -Vertreter*innen mitgeteilt wird, worüber bei diesem Treffen
gesprochen werden
soll. Die Mail erklärt auch, warum es seit März letzten Jahres keine Aktualisierung der Projekt-Webseite mehr gegeben hat: es soll
"in den nächsten Wochen – zum Start der UFP-Belastungsstudie - eine eigene Webseite für die UFP-Studie"
veröffentlicht werden. Dafür wurde
"u. a. eine „FAQ-Sammlung“ erstellt, die auch viele offene Punkte und kritische Fragen aufgreift, die ... in unserem letzten Treffen angesprochen worden sind".
Diese
Sammlung
soll dann auch eine Diskussionsgrundlage für das Treffen sein. Da es mehr zur Vorbereitung (bisher?) nicht gibt, muss man sehen, ob darin etwas Neues zu finden ist.
Betrachten wir zunächst die Struktur dieser Sammlung. Es gibt die folgenden hervorgehobenen Überschriften:
Zu den "Übergreifenden Fragen" zählt auch der Zeitplan für dieses Projekt. Dazu heisst es in den FAQs:
"Bis Ende 2022 ist geplant ..." ? Die FAQs mögen für eine neue Webseite gesammelt worden sein, aktuell sind sie deswegen aber offensichtlich nicht. Wenn, wie in der Einladungs-Mail angekündigt, der
"Start der UFP-Belastungsstudie ... in den nächsten Wochen"
erfolgen soll, dann muss der Zuschlag für die Vergabe ja wohl erteilt worden sein, aber wer die erfolgreichen Bieter sind und was genau sie angeboten haben, wird nicht mitgeteilt.
So geht es durch die ganze Fragensammlung. "Inhaltliche Fragen" werden mit Zitaten aus den bereits beim
letzten Treffen
verteilten Leistungsbeschreibungen in vager Form beantwortet. Details zu dem, was tatsächlich gemacht werden soll, fehlen nach wie vor. An unserer
Kritik
an den Aussagen ändert sich daher ebenso wenig.
Das gesamte Papier scheint auf dem Stand vom Sommer 2022 zu sein. Uns ist es lediglich gelungen, eine einzige Information neueren Datums darin zu finden: die Mitglieder der 'Wissenschaftlichen Qualitätssicherung' sind namentlich mit "Stand 1.1.2023" aufgelistet.
Einige kritische Anmerkungen zu dem, was im Papier steht bzw. nicht steht, haben wir trotzdem noch.
Man könnte noch weitere Details dieses Fragenkataloges diskutieren, aber sowohl Erkenntnisgewinn als auch Spaßfaktor wären dabei sehr begrenzt. Das Fazit bleibt dasselbe: dieses Papier ist hoffnungslos veraltet, inhaltlich oberflächlich und weitgehend ohne relevante Aussagen. Selbst die halbe Stunde, die beim Treffen für die Diskussion darüber vorgesehen ist, ist schon zu großzügig bemessen.
Bleibt die Frage, was von dem Treffen sonst zu erwarten ist. Es mag überraschend klingen, aber es wird seinen Zweck, zumindest für einige Beteiligte, wohl trotzdem erfüllen.
Wir werden mit dem vorliegenden Beitrag und ggf. einer Ergänzung nach dem Treffen die Gelegenheit gehabt haben, unsere Kritik an diesem Projekt einmal mehr einer wenn auch begrenzten Öffentlichkeit näher zu bringen. Das UNH wird im Projektplan im Bereich 'Öffentlichkeitsarbeit' ein weiteres Häkchen setzen können. Alle werden den Job gemacht haben, für den sie bezahlt werden bzw. sich engagieren wollen, und sich auf die nächste derartige Gelegenheit vorbereiten.
Dass die Sache, um die es eigentlich geht, dadurch um keinen Millimeter vorankommt, liegt an den gegebenen Strukturen, die sich so schnell nicht ändern werden. Man darf allerdings die Hoffnung nicht aufgeben, dass die beauftragten Wissenschaftler*innen ebenfalls ihren Job machen und trotz der schlechten Ausgangsbedingungen eine Reihe von neuen, nutzbaren Erkenntnissen produzieren werden - wenn auch erst in ein paar Jahren.
31.01.2023
Wie schon
Ende letzten Jahres,
gab es auch zum Jahresbeginn wieder einige Gipfel, von denen herab 'Entscheider' dem Rest der Menschheit mitteilten, wo es dieses Jahr langgehen soll. Mindestens zwei davon hatten auch oder hauptsächlich mit der Luftfahrt zu tun.
Ihre offiziellen Botschaften enthalten wenig bis nichts Neues, aber unter den präsentierten Aussagen und Materialien gibt es das eine oder andere Interessante.
Beim 53. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, WEF) stand die Luftfahrt nicht explizit auf der Tagesordnung. Das Familientreffen derjenigen, die seit Jahrzehnten wissen, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe das Klima ruiniert, deren Verbrauch aber aus Macht- und Profitgründen weiter massiv anheizen und über die Folgen weiter lügen, trug zur öffentlichen Diskussion über das Thema 'Fliegen' hauptsächlich bei durch eine Kritik von Greenpeace. Deren Studie kommt nämlich zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass sich während der WEF-Woche "die Zahl der Privatjetflüge verdoppelt" und "Privatjet-Emissionen vervierfachen", im Vergleich zu einer durchschnittlichen Woche.
Das WEF schweigt zu solchen Vorwürfen und überlässt es der Lobbyorganisation der Privatfliegerei, der "European Business Aviation Association (EBAA)", sich mit einer
Antwort
zu blamieren, die Zahlen manipuliert, irrelevante Beispiele zitiert und auf eine
Initiative
verweist, mit der die Privatjet-Nutzer ihre Emissionen "kompensieren" könnten, wenn sie denn wollten. Ob es jemand getan hat, wird nicht mitgeteilt. Dass diese
Argumente unglaubwürdig
und solche "Offsets" generell
völlig unzureichend
sind, wird auch nicht diskutiert.
Der jüngste Skandal bezüglich derartiger Kompensationen wurde allerdings auch erst zum Ende des Gipfels von
der ZEIT,
dem
Guardian
und der investigativen Plattform
SourceMaterial
veröffentlicht. Demnach ergab eine Studie, dass rund 90% der Offsets des grössten Anbieters auf dem globalen Markt, die für Regenwald-Projekte ausgestellt wurden, wirkungslos sind oder die Klimakatastrophe sogar noch verschlimmern. Wenig überraschend sind die Offsets dieses Anbieters auch für das ohnehin
völlig desolate
ICAO-Kompensationssystem CORSIA
anerkannt.
Vom WEF selbst gab es eine Talkrunde zum Thema
Reisen und Tourismus,
und in einigen anderen Runden wurde das Thema 'Luftfahrt' auch angesprochen, aber diese Runden sind im Großen und Ganzen ohnehin nur die Show für die Öffentlichkeit. Was das Publikum davon mitnehmen soll, steht in den anschliessend veröffentlichten
5 Punkten,
"die man wissen sollte", der Liste der neu geschlossenen
Kooperationen,
"die eine fragmentierte Welt wieder zusammenflicken können", und den
5 technologischen Trends,
die in den nächsten Jahren stärker subventioniert werden sollen, darunter Gentechnik, Kernfusion und Künstliche Intelligenz.
Wer bisher noch Zweifel hatte, was von der Welt in Davos gerettet werden soll, ist nach der Lektüre insbesondere des letzten Papiers klüger. Es geht um die Sicherung der Profite grosser Konzerne und Finanzinvestoren durch die globale Durchsetzung monopolisierter und monopolisierender Technologien.
Die wichtigstens Bestandsaufnahmen wurden bereits vorher geliefert, darunter insbesondere der
Global Risks Report 2023
und eine
Zusammenfassung,
in denen die Top Ten der Krisen der nächsten zwei bzw. zehn Jahre und ihre Abhängigkeit untereinander beschrieben werden. Diesen Bericht kann man auf zweierlei Art lesen. Für normale Menschen liefert er ein Bild einer Weltgesellschaft und eines Planeten am Abgrund, ohne eine reale Perspektive für eine grundlegende Wende.
Für Investoren
ist er eine Auflistung möglicher neuer Märkte und der Risiken, die jeweils drohen, sowie der politischen Rahmenbedingungen, für die lobbyiert werden muss, um Profite abzusichern.
An Materialien zum Luftverkehr gibt es vom WEF nur noch eine blumige
Zusammenfassung
all der schönen Initiativen, mit denen der Luftverkehr irgendwann in ferner Zukunft mal 'klimaneutral' werden will - falls bis dahin noch eine relevante Zahl an Menschen fliegen kann und will. In den Referenzlisten findet man durchaus auch kritischere Materialien, aber nichts, was nicht schon anderswo publiziert worden wäre.
Klimaaktivisten haben schon vor Beginn des Spektakels vor weiteren Ablenkungen und Greenwashing gewarnt. Auf dem Forum selbst haben vier prominente Vertreterinnen ein von fast einer Million Menschen unterschriebenes Abmahnschreiben "an die CEOs der fossilen Energieunternehmen" übergeben. Was im sozialen Bereich notwendig wäre, um die vielfältigen Krisen in der Welt angehen zu können, was aber in Davos natürlich niemand hören wollte, hat ein neuer Bericht von Oxfam zur Bekämpfung der Ungleichheit in der Welt durch gerechte Besteuerung zusammengestellt.
Ein
echter Luftfahrtgipfel
ist dagegen die von der Zeitschrift
Airline Economics ebenfalls jährlich organisierte
"Finanz- und Leasing-Konferenz" der Luftfahrt-Industrie, dieses Jahr in
Dublin
vom 15.-18. Januar. Dort trafen sich neben Airlines und Flugzeugbauern auch der Öffentlichkeit weniger bekannte Firmen, die teils
grosse Flugzeug-Flotten
besitzen und deren Kerngeschäft das
Leasing
ist, sowie Finanzinstitutionen, die den ganzen Betrieb finanzieren.
In deutschen Medien war fast nichts über diese Konferenz zu lesen, lediglich ein möglicher
Flugzeugmangel
wegen der reduzierten Produktionskapazitäten der grossen Hersteller war der Börsenzeitung eine Meldung wert. Die Hersteller
wehrten sich
natürlich gegen die Kritik, auch wenn sowohl
Boeing
als auch
Airbus
immer wieder neue Verzögerungen einräumen müssen und die Frage von
Strafzahlungen
für verspätete Lieferungen in Dublin ebenfalls Thema war.
Ein weiteres Problem, das dort diskutiert wurde, ohne Lösungen dafür zu finden, war die Frage, wer denn die immensen Summen für das angestrebte schnelle Hochfahren der Produktion der famosen
grünen Treibstoffe,
mit denen die Luftfahrt "klimaneutral" werden möchte, aufbringen soll. Nach dort geäusserten Schätzungen geht es um rund
"1,5 Billionen Dollar über 30 Jahre",
und die Luftfahrtindustrie befürchtet (hoffentlich zu recht), dass solche Summen nicht allein über staatliche Subventionen hereinzuholen sind.
Für die Financiers des Luftverkehrs gabs in Dublin
wenig Raum für Trübsinn,
auch wenn wegen Krieg und Sanktionen im russischen Markt
etliche Milliarden abgeschrieben
werden mussten.
"Ihr Geschäftsmodell zwingt sie auf riskante Märkte, ... dort machen sie das meiste Geld",
stellen Analysten trocken fest, und ausserdem gibt es ja Versicherungen.
Ansonsten sind die Aussichten aber hervorragend, wie ein zusammenfassender
Bericht
über diese Tagung beschreibt. Airlines machen wieder Profit, der Finanzierungsmarkt entwickelt sich, Engpässe in der Produktion neuer Flugzeuge erhöhen den Wert der vorhandenen Flotten, und auch der Frachtmarkt verspricht weiter Profit. Das Klima-Gedöns macht weiterhin Ärger, aber wenn, wie KPMG prognostiziert, die sog. "nachhaltigen Treibstoffe (SAF)" nur 1/3 statt, wie geplant, der Hälfte des Gesamtbedarfs decken können und weiterhin zu 60% fossiles Kerosin getankt wird, dann heisst das ja auch, dass erstens die alten fossilen Infrastrukturen noch lange weiter Profit abwerfen und zweitens Investitionen in SAF relativ risikolos sind, weil durch Knappheit hohe Preise winken. Für Investoren sind das gute Nachrichten, und das Klima kann man doch bitte woanders retten. Airbus z.B.
investiert
ja schon in Projekte zur technischen Entnahme und Speicherung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre.
Dass die Industrie aktuell nicht befürchten muss, dass staatliche Stellen ihnen allzuviel hineinreden, zeigt das
harmlose Geplänkel zwischen dem Chef des Airline-Dachverbandes IATA und dem obersten EU-Bürokraten für den Luftfahrtsektor, das schon als "Streit" verkauft wurde. Ernsthafte Differenzen wurden dort nicht sichtbar.
Welches Fazit lässt sich aus all dem ziehen? Offenkundig gibt es von diesen Gipfeln keinen klaren Blick auf die Probleme dieser Welt. Vielmehr scheinen die dort tagenden Eliten in ihren jeweiligen Blasen derart gefangen zu sein, dass ihnen "Weiter so!" mit kleinen Korrekturen hier und da und einigen neuen Technologien als gangbarer Weg aus den zahlreichen nicht zu übersehenden Krisen erscheint. Von Davos geht jedenfalls weder ein Great Reset noch irgend eine andere relevante Kurskorrektur aus, die einen entscheidenden Beitrag zur Krisenlösung leisten könnte.
Für die Luftfahrtindustrie ist das Bild vom Elfenbeinturm, in dem sie abgehoben und unangreifbar sitzt, vielleicht garnicht schlecht, auch wenn die Direktorin der NGO Transport & Environment, die es in ihrem
Jahresrückblick 2022
benutzt, die kleinen Fortschritte, die es gegeben haben mag, in allzu rosigem Licht beschreibt. Dass einige Airlines die dreckigsten 'Bio-Treibstoffe' nicht als nachhaltig anerkennen wollen, ist zwar begrüssenswert, ändert aber nichts daran, dass die Luftfahrtindustrie insgesamt bisher keinerlei gangbaren Weg zu einem halbwegs klimaverträglichen Luftverkehr beschreiben kann, geschweige denn einen solchen Weg gehen wollte.
Sie wollen zurück auf
ihren alten Wachstumspfad,
und wenn es dabei wegen der
Einsparexzesse
während der Pandemie noch an vielen Stellen
hängt und klemmt,
stört das nicht weiter, solange nicht zu viele Kund*innen abspringen.
Zusammenfassend könnte man also sagen: diese Gipfel tragen nichts zur Lösung der dringendsten Probleme der Welt bei, sie stehen eher als Hindernisse im Weg. Die Lösungen liegen unten längst auf dem Tisch. Sie beinhalten einiges, was diese Gipfelhelden auf keinen Fall wollen: u.a.
Einschränkungen ihrer Freiheit,
Profit zu machen und damit den Planeten zu ruinieren, indem
Kurzstreckenflüge
und
Privatjets
verboten werden. Ausserdem muss ein grosser Teil ihrer Vermögen
dazu eingesetzt werden,
die notwendigen Umbauten von Wirtschaft und Gesellschaft zu finanzieren und die Folgen der Klimakatastrophe einzudämmen.
Der Weg dorthin wird nicht in luftigen Höhen, sondern in den ganz profanen Kämpfen am Boden, auf den Strassen und in Parlamenten, bereitet werden müssen.
17.01.2023
Die Abschiedsfeier für Ehrenbürgermeister Thomas Jühe bestand aus zwei Teilen. Die offizielle Trauerfeier mit geladenen Gästen im Bürgersaal des Rathauses kann vollständig auf dem YouTube-Kanal der Stadt Raunheim angesehen werden. Wir haben die Reden von Minister Al-Wazir und der Fluglärmschutzbeauftragten Fr. Barth, die sich teilweise oder ganz mit Thomas Jühes Leistungen im Bereich Fluglärm-Schutz beschäftigen, zum Anhören herauskopiert. Einiges aus dem Inhalt der anderen Reden wird in der Main-Spitze zitiert.
Tonaufzeichnung der Reden, die sich mit dem Thema
'Fluglärm' beschäftigten:
Frau Barth betont am Anfang ihrer Rede, dass Thomas sich gewünscht hat, dass sie dieses Thema im Rahmen der Feier behandelt. Dass ihr dafür eine gute halbe Stunde Redezeit eingeräumt wurde, macht deutlich, dass er sein Wirken in diesem Bereich erinnert und gewürdigt haben wollte, wohl wissend, dass dieses Erbe nur Bestand haben kann, wenn seine Nachfolger*innen in den verschiedensten Funktionen, die er innehatte, die Aufgaben entsprechend weiterführen.
Der Überblick, den Frau Barth gibt, ist zwar in einigen Details nicht ganz präzise, macht aber insgesamt recht gut deutlich, wie Thomas an die vielfältigen Probleme, die sich mit dem Flughafenausbau gestellt haben, herangegangen ist und in welcher Weise er Lösungen zu finden versucht hat.
Im zweiten Teil auf dem Rathausplatz gab es Beiträge der im Stadtparlament vertretenen Parteien und anderer Institutionen und Vereine, die in irgend einer Weise mit Thomas Jühes Wirken in Raunheim verbunden waren.
Hier hatte auch die BI Gelegenheit, etwas dazu zu sagen, wie sein Erbe in diesem Bereich zu werten ist und welche Aufgaben für die Zukunft bestehen. Die Bedingungen für eine Aufzeichnung waren wegen des starken Winds etwas schwierig, aber trotzdem kann der Beitrag nebenstehend angehört werden.
Alles, was dazu zu sagen wäre, in fünf Minuten hineinzupacken, war natürlich unmöglich, und trotz zwei Minuten überziehen blieb vieles ungesagt. Ausführlicher haben wir dazu aber ja bereits im
Nachruf vom 15.12.2022 Stellung genommen. Und um Herrn Al-Wazir zu erklären, dass ein Nachtflugverbot nicht fünf, sondern acht Stunden Nachtruhe schützen muss und eine echte Lärmobergrenze tatsächlich auch eine verbindliche Grenze für die Lärmbelastung setzen müsste, war das nicht der richtige Anlass. Er war zu dieser Zeit ohnehin nicht mehr da.
Was Thomas Jühe sich noch alles vorgenommen hatte, hat er zumindest zum Teil in seinem wohl letzten öffentlichen
Interview
im 'Frankfurt Talk' von Radio Frankfurt beschrieben. Sein Nachfolger als Bürgermeister wird durch die
Wahl am 05.März
bzw. die Stichwahl am 19.März entschieden, da es nicht wahrscheinlich ist, dass einer der
sechs Kandidaten
im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht.
Die Fluglärmkommission wird die Nachfolge im Vorsitz möglicherweise schon in der Sitzung am 22. Februar regeln, aber sicher scheint das noch nicht zu sein. Wann die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen den Vorsitz neu besetzt, ist nicht bekannt. Und bis klar ist, wer sich in Raunheim künftig um Fluglärm-Fragen kümmern wird, wird wohl auch noch einige Zeit vergehen.
Und falls sie damit ausreichende Mengen besonders toxischer Substanzen transportieren, wären sie auch besonders gefährlich.
(Für eine grössere Darstellung mit Bildquellennachweis
hier
klicken.)
15.01.2023
Gleich zu Beginn des Jahres liefert das
Institut für Atmosphäre und Umwelt eine interessante Neuigkeit:
"Schmieröle von Flugzeugen sind wichtige Quelle für Ultrafeinstaub"
lautet die Überschrift der Pressemitteilungen der
Uni Frankfurt
und des an den Messungen beteiligten Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie
HLNUG.
Darin heisst es:
"Die Partikel stammen zu einem bedeutenden Teil aus synthetischen Turbinenschmierölen und waren besonders stark in den kleinsten Partikelklassen vertreten, die 10 bis 18 Nanometer große Partikel umfassen. ... Diese Partikel, so legen es unsere Untersuchungen nahe, machen einen großen Teil des Ultrafeinstaubs aus, der an Flugzeugturbinen entsteht."
In der
Veröffentlichung
selbst wird genauer erläutert, dass in den an der
HLNUG-Meßstation Frankfurt-Schwanheim
genommenen Proben die UFP aus Turbinen-Ölen in der kleinsten Partikel-Fraktion (10-18 nm) über 20%, in den beiden grösseren Fraktionen (18-32 und 32-56 nm) 5 bzw 9% ausmachten.
Aus nachfolgend durchgeführten Laborexperimenten und theoretischen Überlegungen schliessen die Autor*innen, dass diese Anteile eher eine Untergrenze darstellen und dass
"Jet-Öl-Dämpfe in abkühlenden Abgasfahnen Übersättigung erreichen und zu schneller Nukleation und der Entstehung von UFPs im Bereich ~10-20 nm führen" (eigene Übersetzung).
In der medialen Wiedergabe dieser Meldung, z.B. in der
Hessenschau
oder der
Frankfurter Rundschau,
gehen die Feinheiten bezüglich der Grössenverteilungen weitgehend verloren, und es entsteht leicht der Eindruck, als seien diese Öle eine Hauptquelle für die Ultrafeinstaub-Belastung insgesamt. Tatsächlich gibt es aber für die Entstehung ultrafeiner Partikel aus Verbrennungsprozessen, wie eine aktuelle
Übersicht,
im Detail beschreibt, eine Anzahl von Prozessen, und die mengenmäßig bedeutendsten in den Grössenklassen bis 100 Nanometer sind auch für Flugzeugtriebwerke die Bildung feiner Rußteilchen bei der Kerosinverbrennung und die Nukleation ('Kernbildung') und Kondensation aus Verbrennungsprodukten wie Stickstoff- und Schwefel-Verbindungen.
Aber natürlich ist es vollkommen richtig, wenn in den Pressemitteilungen darauf hingewiesen wird, dass
"eine Reduzierung der Schmierölemissionen ... ein wichtiges Potenzial zur Minderung der ultrafeinen Partikel" birgt, dass bisher noch nicht in Betracht gezogen wurde. Die Veröffentlichung empfiehlt dazu,
"die Luft/Öl-Separatoren sollten im Hinblick auf verbesserte Öl-Rückgewinnung optimiert werden. Zusätzlich könnten die Entwicklung fortgeschrittener Unterhalts-Routinen und die Reduzierung der Triebwerkslaufzeiten am Boden ... die Ölemissionen weiter reduzieren" (eigene Übersetzung).
Eine solche Reduzierung könnte sogar besonders dringend sein, denn der anschließend in der Veröffentlichung diskutierte Aspekt taucht in den Pressemitteilungen interessanter Weise nicht auf. Wir zitieren (wiederum in eigener Übersetzung und mit von uns ergänzten Hervorhebungen und Links):
"Weiterhin sollte eine Evaluation der toxikologischen Eigenschaften der Jet-Öl-UFPs durchgeführt werden, um ihre Gesundheitseffekte zu erfassen, auch unter Betrachtung schädlicher und potentiell neurotoxischer Substanzen, die entweder direkt emittiert werden (z.B.
Organophosphate
als Schmieröl-Additive) oder die durch thermische Transformation der verwendeten Trimethylolpropan-Ester gebildet werden (z.B.
Trimethylolpropanphosphat)".
Über die Entdeckung derartiger Substanzen war bereits in der
ersten Veröffentlichung
zu diesen Untersuchungen vor nunmehr fast zwei Jahren (März 2021) berichtet worden, allerdings ohne quantitative Aussagen über die Häufigkeit von deren Vorkommen zu machen. Auch die jetzt vorgelegten Ergebnisse reichen längst nicht aus, um die mögliche Belastung von Flughafenanrainern durch diese Substanzen abzuschätzen, liefern aber einen weiteren deutlichen Hinweis, dass hier ein Problem liegen könnte.
Wenn es dann in den Pressemitteilungen heisst:
"Die Belastung durch ultrafeine Partikel und deren gesundheitliche Auswirkung wird ab 2023 im Rahmen einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie des Landes Hessen untersucht werden. Hierbei können die Ergebnisse der aktuellen Studie helfen, flughafenspezifische Partikel zu identifizieren und mögliche Minderungsmaßnahmen abzuleiten",
könnte man natürlich hoffen, dass die oben zitierten Anregungen da aufgegriffen werden. Andererseits lässt die Betonung von "identifizieren und ... Minderungsmaßnahmen ableiten" befürchten, dass es im FFR-Projekt bei der bereits
früher kritisierten Ausklammerung der besonderen toxikologischen Aspekte der Triebwerks-UFP bleiben wird.
Genau wissen kann man es nicht, denn die Informationen zum aktuellen Stand auf der
Projekt-Webseite
sind inzwischen auch schon fast ein Jahr alt, und von der versprochenen Transparenz bezüglich der Studieninhalte kann bisher keine Rede sein. Da aber die erste Studie bei der Ausschreibung der Belastungsstudie des Projekts schon ein Jahr bekannt war, aber nicht berücksichtigt wurde, ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich das noch geändert hat. Deshalb ist zu befürchten, dass die Frage der Toxizität ultrafeiner Partikel aus den Schmieröl-Emissionen in diesem Projekt nicht geklärt werden wird.
Mehr Hoffnungen gibt es diesbezüglich aufgrund der fortgesetzten Anstrengungen, die Hintergründe des sog.
Aerotoxischen Syndroms,
besser bekannt unter dem Begriff
Fume Events,
aufzuklären. Diese Ereignisse werden weitgehend auf durch die Triebwerke angesaugte und durch Triebwerksöle kontaminierte Kabinenluft zurückgeführt. Die für Flugsicherheit in der EU zuständige European Union Aviation Safety Agency EASA hat dazu bereits 2017
Studien
erstellen lassen, die allerdings keine eindeutige Ursache identifizieren konnten. Im zugehörigen
Abschlussbericht
wird ausgeführt, dass in Ölkomponenten und deren Pyrolyse-Produkten zwar neurotoxische Substanzen gefunden wurden, aber nicht in relevanten Konzentrationen. Partikel wurden dort nur summarisch als Anzahl der Grösse 1-1.000 nm erfasst und chemisch nicht charakterisiert.
Im
Abschlussbericht
eines weiteren Projekts und in einem
Beitrag
zum
EASA Workshop Future Cabin Air Quality Research 2020
wurde zumindest auf die mögliche Rolle ultrafeiner Partikel bei der Entstehung der bisher ungeklärten medizinischen Symptomatiken hingewiesen. Aktuell findet gerade der
EASA Cabin Air Quality Research Workshop 2023
statt. Ob das Thema dort schon ausführlicher behandelt wird, ist (uns) noch nicht bekannt, wird sich aber in Kürze klären. Man kann vermutlich davon ausgehen, dass dort ein grösseres Interesse besteht, diese Fragen zu klären, weil alle Störfälle im Flugbetrieb und daraus resultierende negative Schlagzeilen unerwünscht sind.
Aber auch wenn die Luftverkehrswirtschaft ein starkes Interesse haben sollte, störende Vorfälle an Bord von Flugzeugen zu vermeiden und dafür auch die Rolle ultrafeiner Partikel in der Kabinenluft genauer zu untersuchen, heisst das noch lange nicht, dass entsprechende Ergebnisse auch zu Konsequenzen in der Beurteilung der Belastung der Bevölkerung im Umfeld von Flughäfen führen werden.
Deren Belastung ist, im Unterschied zu der der Passagiere oder gar der Crew, für einen profitablen Flugbetrieb nicht relevant, deshalb wird in diesem Bereich bestenfalls dann etwas passieren, wenn die Betroffenen die Probleme selbst publik machen und nachdrücklich Lösungen einfordern.
11.01.2023
... auf den alten, zerstörerischen Wachstumspfad. "Wir" meint in diesem Fall einerseits die Luftverkehrsindustrie, die insbesondere ihre Profite wieder wachsen sieht, und andererseits all diejenigen, die unter der wieder wachsenden Zahl der Flugbewegungen und deren negativen Folgen, insbesondere zunehmendem Lärm, steigender Schadstoffbelastung und ungebremst wachsenden Treibhausgas-Emissionen zu leiden haben.
In den Medien wird das als
Erholung
beschrieben, die aber noch nicht vollständig sei, weil noch nicht alle Sektoren wieder das Niveau von 2019, dem Jahr vor dem
Corona-Einbruch,
erreicht haben. Dabei wird verdrängt, dass dieses Jahr nur der vorläufige Höhepunkt einer
chaotischen Wachstumsphase
war, die den Luftverkehr in Deutschland und Europa in mehrfacher Hinsicht an seine Grenzen gebracht hat.
Nach dem radikalen
Abbau von Personal
und teilweise auch von Material ist das gesamte System natürlich
noch störanfälliger
geworden, so dass selbst eingefleischte Luftfahrtfans
anfangen zu nörgeln.
Airlines und Flughäfen haben aber in den beiden letzten Reisewellen gesehen, dass höhere Preise und miserabler Service nur wenig abschreckende Wirkung haben, und planen unverdrossen für weiteres Wachstum.
In Zahlen zeigt das eine Zusammenstellung der Sitzplatz-Angebote von "Airlines und Flughäfen für die kommenden sechs Monate ... von, nach und in Deutschland", die der 'Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)' künftig monatlich erstellen will. Diese Zahlen sind natürlich mit Vorsicht zu geniessen. Sie besagen im Grunde nur, worauf die Airlines sich vorbereiten, aber nicht wieviele Menschen tatsächlich fliegen werden und wieviele Flugbewegungen es dadurch geben wird (2022 wurden fast 7% der geplanten Flüge nicht durchgeführt). Auch werden aktuelle Entwicklungen darin erst verzögert sichtbar. So weist der BDL darauf hin, dass ein "voraussichtlicher Anstieg der China-Verkehre ... in den aktuellen Daten noch nicht sichtbar" ist, die Zahlen für den Interkontinental-Verkehr also wahrscheinlich deutlich zu niedrig sind.
Dennoch geben die Zahlen einen Eindruck davon, was uns erwartet. Demnach erreicht die Gesamt-Passagierzahl 78% des Wertes des gleichen Zeitraums vor der Corona-Pandemie. Der innerdeutsche Verkehr liegt bei nur 56%, wobei dies hauptsächlich auf den Einbruch bei den schon vorher
kriselnden Regionalflughäfen
zurückzuführen ist, deren innerdeutsche Verkehre nur noch ein Drittel des Vorkrisen-Niveaus erreichen. Alles, was die Hubs Frankfurt und München innerdeutsch einbezieht, liegt schon wieder bei 67%.
Die nächste Kategorie, "Kurz- und Mittelstrecke", ist etwas mißverständlich benannt, denn sie wird nicht nach Entfernung, sondern nach Staatengruppen abgegrenzt. Dazu gehören alle europäischen Staaten, ganz Russland und alle Mittelmeer-Anrainer. Hier werden 80% des Vorkrisen-Niveaus erreicht, wobei 'Schweiz/Österreich' und 'Ost- / Südosteuropa' (dazu gehören Russland und die Ukraine, deren Luftraum ganz oder teilweise gesperrt ist) mit 71% den niedrigsten Wert erreichen. Die Urlaubsregionen rund ums Mittelmeer erreichen 87-92%. Für die Tendenz in dieser Region stellt der BDL besorgt fest:
"Wachstum und Erholung des Europa-Verkehrs zeigen Sättigungstendenzen".
Den besten Wert zeigt die "Langstrecke" mit 84%, das ist auch exakt der Wert, den das wichtigste internationale Drehkreuz Frankfurt erreicht. Nach unten gedrückt wird dieser Wert vom Asienverkehr, wo nur 70% erreicht werden. Falls aber die deutlichen Erleichterungen des Verkehrs von und nach China durch die
Aufhebung der Reisebeschränkungen
aufgrund der dortigen 'Null-Covid-Politik' Bestand haben, sind hier wohl deutliche Entwicklungen nach oben zu erwarten.
Eine etwas andere Datenbasis für den Ausblick auf die kommenden Monate nutzt
EUROCONTROL,
der europäische
Network Manager.
In deren
Analysis Paper: 2022 werden nicht nur umfangreiche Daten über den Luftverkehr in Europa im Jahr 2022 aufbereitet, sondern auch drei Szenarien gezeigt, die die Entwicklung der Flüge in, von und nach Europa in den kommenden 8 Monaten bzw. 7 Jahren auf der Basis unterschiedlicher Annahmen über die ökonomische Entwicklung darstellen.
Diese Szenarien gehen davon aus, dass im August dieses Jahres bereits wieder 95-105% der Zahl der Flüge 2019 erreicht werden ("wahrscheinlichstes" bis "optimistisches" Szenario). Für das Gesamtjahr 2023 wird ein Wert von 92-101% erwartet, nach 87% in 2022. Angesichts der Tatsache, dass die 8-Monats-Szenarien der letzten Zeit trotz einiger unvorhergesehener Krisen (sprich Krieg und "Zeitenwende") die Entwicklung relativ gut vorhergesagt haben, muss man wohl davon ausgehen, dass auch diese Zahlen nicht nur Wunschträume sind.
Allerdings geht aus der Analyse des Verkehrs 2022 auch hervor, dass das Chaos zu Spitzenzeiten noch
deutlich grösser
war als 2019, und auch für 2023 werden
"Luftraum-Probleme wegen des Ukraine-Kriegs, zusätzliche Flugzeuge im System, mögliche Streikaktionen, Systemveränderungen und die fortschreitende Wiederöffnung der asiatischen Märkte"
(EUROCONTROL, eigene Übersetzung)
als schwierige "Herausforderungen" für alle Beteiligten gesehen. Speziell der Frankfurter Flughafen hatte wegen selbstgemachten Personalproblemen eine miserable Pünktlichkeits-Bilanz (70,5% der Anflüge, aber nur 55,7% der Abflüge pünktlich, Platz 19 unter den 20 grössten europäischen Flughäfen).
Auch die
DFS beklagt
für Deutschland eine
"schleppende Erholung";
im Vergleich zu 2019 wurden nur 79% der Zahl der Flugbewegungen registriert. Auch nach den EUROCONTROL-Daten führt Deutschland mit 25% Verlust, bleibt aber nach Grossbritannien das europäische Land mit der zweithöchsten Zahl an Flugbewegungen.
Interessant an der EUROCONTROL-Analyse ist auch, dass
"Billigflieger die grosse Erholungs-Erfolgs-Story in 2022"
waren (Ryanair erreichte 109% der 2019er Zahlen) und inzwischen nahezu den gleichen Marktanteil haben wie die 'Netzwerk-Carrier' (jeweils 1/3). Auch bleibt
"der Geschäftsflugverkehr mit 116% weiterhin über dem 2019er Niveau".
Mit anderen Worten: die "Erholung" wird vom
Urlaubs-
und
Luxus-Verkehr dominiert.
Auch der Frachtflugverkehr lag, wie in den beiden vorhergehenden Jahren, 2022 noch über 2019er Niveau, nimmt aber allein schon deshalb wieder ab, weil mit ansteigendem Passagier-Flugverkehr wieder mehr Fracht als Zuladung in Passagiermaschinen befördert wird.
Zu den längerfristigen Perspektiven gehört auch, dass es eine
boomende Nachfrage nach neuen Flugzeugen
gibt, die die Hersteller
"angesichts angespannter Lieferketten ... nicht wie geplant bedienen"
können. Deshalb und wegen generell fehlender Kapazitäten hat Airbus 2022 sowohl das
Jahresziel bei Auslieferungen
als auch den
"Rekord ... aus dem Jahr 2019"
verfehlt, aber der Konzernchef hält
"an seinen Plänen für eine Rekordproduktion in den kommenden Jahren"
fest. Boeing sieht das ähnlich.
Was bedeutet das nun alles für die Belastungen, die wir zu erwarten haben? Es sind nicht wirklich die Prozentzahlen im Vergleich zu 2019, die relevant sind. Betrachtet man die Lärmbelastungen der Jahre vor 2019, so zeigt sich, dass sie zwar mit steigender Zahl der Flugbewegungen zunehmen, aber im Detail noch von vielen anderen Faktoren abhängig sind. Dazu gehören speziell für Raunheim die
Betriebsrichtungsverteilung,
aber auch die Zahl der
speziellen Wetterlagen
oder sonstiger Ereignisse, die den 'normalen' Ablauf stören und zu chaotischen Notlösungen führen.
Aus den Zahlen und Beschreibungen ist offenkundig, dass uns wieder eine solche Phase chaotischen Wachstums bevorsteht, die zu vermehrten Störungen der Nachtruhe führen und dadurch besonders belastend sein wird. Da hilft es garnichts, wenn vielleicht tagsüber vorübergehend noch ein paar Prozent weniger Flugbewegungen stattfinden.
Nimmt man dazu, dass nach der EUROCONTROL-Analyse aufgrund der chaotischen Luftraum-Verhältnisse auch noch bis zu 10% Treibstoff zusätzlich verbrannt werden ('excess fuel burn XFB') und entsprechend auch der Ausstoss an Schadstoffen und Treibhausgasen höher ist, wird klar, dass sich durch die Pandemie
nichts wirklich verändert
hat. Wir sind zurück in einem System, das zur Profitmaximierung die Befriedigung von Luxusbedürfnissen anheizt und sein
zerstörerisches Wachstum
immer weiter fortsetzen will. Ob und wann es dabei wieder vorübergehend oder dauerhaft am eigenen Unvermögen scheitert, ist unmöglich vorherzusagen.
Die politische Unterstützung für den Chaoskurs
ist ungebrochen, und Widerstand dagegen wird stärker diskriminiert als je zuvor. Die Aussichten für das neue Jahr sind nicht wirklich gut, aber wenn es nicht noch schlimmer werden soll, darf man sich dadurch nicht entmutigen lassen. Zumindest sollte man bei allen anstehenden Wahlen in diesem Jahr die jeweiligen Kandidat:innen fragen, wie sie zu diesen Problemen stehen und welche Lösungen sie anzubieten haben. Es kann aber auch nicht schaden, bei allen sich bietenden Gelegenheiten auch nachdrücklicher deutlich zu machen,
was nötig ist.
Ältere Nachrichten befinden sich im Archiv.